Die
beste Medizin gegen Langeweile heißt Phoenix Hagen. In den letzten
zweieinhalb Minuten holten die Feuervögel bei den LTi GIESSEN 46ers
einen 11-Punkte-Rückstand auf, kämpften sich in die Verlängerung und
siegten am Ende mit 105:98 (88:88, 46:45). Überragender Mann in der
Schlussphase war David Bell, dem insgesamt 28 Zähler gelangen.
Gießen
konnte nicht auf Forward Jeff Bonds zurückgreifen, dessen Vertrag
aufgrund der angespannten finanziellen Lage nicht verlängert wurde.
Dafür war Aufbauspieler Dijuan Harris, der gegen Frankfurt mit einer
Schulterverletzung ausschied, wieder einsatzfähig. Phoenix kam
eigentlich gut in die Partie, erlaubte sich aber Konzentrationsfehler.
„Alle waren sofort voll da, aber wir haben leichte Bälle abgegeben und
sind darum nicht davongezogen“, so Trainer Ingo Freyer. Gießen nutzte
dies zu einer 11:7-Führung (5.). David Bell drehte die Partie zwar per
Distanzwurf zum 12:11 vorübergehend, doch sieben Ballverluste im ersten
Viertel und fünf vergebene Freiwürfe nacheinander waren zu viel. Über
den sehr aktiven Jasmin Perkovic setzte sich Gießen bis auf 25:18 ab
(11.).
Wirklich
rund lief es auch im zweiten Viertel nicht. Die Gäste legten jetzt aber
beim Rebound zu und gestalteten die Partie jederzeit eng. Larry Gordon
verkürzte auf 27:26 (15.). Insbesondere Davin White, dem in der ersten
Hälfte 15 Zähler gelangen, drückte nun aufs Tempo. Auch wenn sieben
schnelle Punkte einen zwischenzeitlichen 42:38-Vorsprung brachten (19.),
änderte sich nicht an der Gemengelage. „Wir hatten einfach keinen
richtige Run“, so Freyer. Beide Teams erlaubten sich nun insgesamt
weniger Fehler; Phoenix ging mit einer knappen 46:45-Führung in die
Pause.
Das dritte Viertel sollte den
Feuervögeln fast jede Chance auf den Sieg nehmen. Die Hagener mussten
hart arbeiten für jeden Punkt, während sich die Gastgeber nach und nach
in einen kleinen Rausch spielten. Ryan Brooks, in der ersten Halbzeit
kein Faktor, kam immer besser in die Partie. Er traf aus der Distanz zum
63:55 (28.) und wenig später gar zum 70:56 (30.). Phoenix ließ offensiv
fast alles liegen, gab das dritte Viertel mit 12:25 ab und nahm eine
mächtige Hypothek mit ins Schlussviertel. Ingo Freyer: „Gießen war da
mental klar oben auf.“
Wieder
war es Ryan Brooks, der sein Team bis auf 78:62 davonziehen ließ (33.).
Dann endlich, es war fast wie eine Erlösung: David Bell traf einen
Dreier und verkürzte auf 80:74 (37.)! Im Gegenzug versenkte aber auch
Oskar Faßler einen Distanzwurf, anschließend traf Achmadschah Zazai
seine Freiwürfe – und so stand es 2:38 Minuten vor dem Ende 85:74 für
Gießen. Zu viel im Normalfall, aber nicht unbedingt unter Beteiligung
von Phoenix Hagen! „Unsere Pressverteidigung hat in der Schlussphase
prima funktioniert“, sagt Ingo Freyer. Die Feuervögel gewannen binnen
Sekunden Ball um Ball, strotzten nur so vor Selbstvertrauen und kamen 90
Sekunden vor dem Ende durch Adam Hess tatsächlich bis auf 86:85 heran.
Jasmin Perkovic erhöhte anschließend von der Linie noch einmal auf
88:85, doch der immer stärker werdende David Bell besorgte per Dreier 26
Sekunden vor dem Ende den 88:88-Ausgleich. Verlängerung!
Das
berühmte Momentum nahmen die Gäste mit in die Overtime. Gießen stemmte
sich über die lange Garde gegen die drohende Niederlage, doch die
Hagener Guards waren jetzt nicht mehr zu kontrollieren. David Bell
erzielte elf der 17 Hagener Punkte in der Verlängerung und führte seine
Mannschaft nach einem schon verloren geglaubten Spiel doch noch zu einem
wichtigen 105:98-Auswäertssieg. Es war der vierte in Folge! Ingo
Freyer: „David hat man bei jeder Bewegung angemerkt, dass er den Sieg
wollte. Auch Adam Hess hat uns in der Endphase wichtige Impulse
gebracht.“
Den
Feuervögeln kommt der bevorstehende Allstar-Break mehr als gelegen. „Wir
gehen schon ein wenig auf dem Zahnfleisch. Wir haben Spiele wie in
Frankfurt, gegen Bonn oder heute in Gießen hinter uns, die eine enorme
mentale Belastung darstellten. In Gießen war der Druck zusätzlich hoch,
weil wir der Favorit waren. Dieser knappe Sieg ist darum vielleicht
wertvoller für uns als ein klarer Erfolg“, so Freyer.
Trainerstimmen:
Ingo
Freyer: „Das war heute ein Sieg, den wir brauchten. Wir sind mit viel
Druck in das Spiel gegangen. Zum Ende dachte sicherlich jeder, dass nach
dem 16-Punkte-Rückstand die Partie gelaufen sei, von daher ist es umso
beeindruckender, dass wir nicht verloren haben. Der Sieg gibt uns ganz
viel."
Mathias
Fischer: „Die Mannschaft war heiß, es sah lange sehr gut aus. Im
letzten Viertel haben wir uns dann aber unerklärliche Ballverluste
geleistet, Hagen hingegen hat wichtige Würfe getroffen. Trotzdem ein
Kompliment an meine Mannschaft, die lange gekämpft und einen tollen
Fight geboten hat. Jeder meiner Spieler wollte gewinnen, leider hat es
aber nicht gereicht."
LTi
GIESSEN 46ers: Brooks (18/2), Perkovic (18/1), Ovcina (16, 10 Reb.),
Zazai (14/2), Prowell (10), Faßler (10/1), Harris (8), Spohr (4),
Büchert.
Phoenix
Hagen: Bell (28/4, 4 St.), White (26/1), Dorris (13), Gregory (13),
Gordon (12/1, 7 Reb., 5 St., 2 BS), Hess (10/2), Lodwick (2), Kruel (1),
Wendt.
Zuschauer: 3.192
Stationen: 11:9 (5.), 23:18 (10.), 28:26 (15.), 45:46 (20.), 56:53 (25.), 70:58 (30.), 78:66 (35.), 88:88 (40.), 98:105 (45.).