Montag, 26. März 2012

"Statt um Himmelsrichtungen - die Diskussion um Oben und Unten führen"


Leserbrief von Jochen Marquardt
Nach den neuerlichen Initiativen von Ruhrgebietsbürgermeistern zum "Solidarpakt Ost" ist die Debatte um eine Verteilungsfragen nach Himmelsrichtungen neu entbrannt. Und viele stürzen sich darauf und machen den Solidarpakt mitverantwortlich für die miserable Finanzlage der nordrhein-westfälischen Kommunen. Auch der Hagener Oberbürgermeister Jörg Dehm meldet sich zu Wort und beklagt jährlich rund 5 Millionen Euro, die in den Osten fließen würden. Auch ich bin der Meinung, dass eine reine Himmelsrichtungsentscheidung keine dauerhaft kluge Idee ist. Nach Gesetzeslage ist sie allerdings bis zum Jahr 2019 festgeschrieben; übrigens mit jährlich abnehmender Tendenz. Auch wenn Gesetze veränderbar sind, sind die meisten Experten sicher, dass dies in den kommenden Jahren nicht ernsthaft zu erwarten ist.
Interessanter allerdings finde ich die Frage, ob die Himmelsrichtungsdebatte eigentlich die erforderliche Richtungsdebatte ist oder ob sie nicht vom eigentlichen Verteilungsproblem im Land und in den Kommunen und Gemeinden ablenkt.
Da ist für Hagen darauf hinzuweisen, dass die Gelder bezogen auf den aktuellen Gesamthaushalt unter einem Prozent liegt und somit nicht für ausreichende Entlastung sorgen kann. 
Viel wichtiger wäre es eine Verteilungsgerechtigkeit einzufordern, die in den vergangenen Jahren aufgrund einer völlig verfehlten Steuerpolitik und konsequenten Verletzungen des Konnexitätsprinzips entstanden ist und die Kommunen mit ganzer Wucht getroffen hat. Anstatt den Kampf der einen armen Kommunen gegen andere Kommunen zu führen, die alles andere als im Reichtum schwelgen zu führen, wird eine Richtungsentscheidung immer notwendiger, die die Verteilungsfrage von Unten nach Oben konsequent aufnimmt.
Während Reichtum immer stärker entlastet wurde, sind die Kosten u.a. auf die Kommunen abgewälzt worden. Während die Unternehmenssteuern immer stärker gesunken sind, wurden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Erwerbslosen und Rentner immer stärker in Verantwortung genommen. Während die Rettungsmilliarden für Banken und Spekulanten zügig und zuverlässig flossen, wurden den Kommunen Rettungsschirme verwehrt.
Hier liegen die tatsächlichen Verwerfungen der vergangenen Jahrzehnte und hier ist dringend eine Veränderung erforderlich.
Allein die Wiedereinführung der Vermögenssteuer könnte nach Berechnungen der Gewerkschaften jährlich 20 Milliarden Euro einbringen. Eine sinnvolle Erbschaftssteuer und die Erhöhung der Einkommenssteuern auf das Niveau unter Altkanzler Kohl könnten ein übriges leisten.
Hier sollten nicht nur die Oberbürgermeister aktiv werden. Hier sind alle gefordert. Die einen weil sie es dringend benötigen und die anderen weil sie es gut können.

Jochen Marquardt

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