Mittwoch, 13. Juni 2012

69 Prozent aller Wohnungen in Hagen stammen aus der Zeit vor 1970


Wohnungsbau-Studie belegt „Wohnungsmarkt-Defizit“

Altgewohnte vier Wände – wenn die Wohnung in die Jahre kommt: Rund 69 Prozent aller Wohnungen in Hagen stammen aus der Zeit vor 1970 – viele sogar aus den Nachkriegsjahren. Lediglich rund 9 Prozent der Wohnungen seien nach der Wende neu gebaut worden. Diese „Altbau-Bilanz“ für Hagen zieht das Pestel-Institut in seiner aktuellen Studie zum Mietwohnungsbau in Deutschland. „Ein Großteil der Wohnungen ist weit von dem entfernt, was heute Standard ist: beim Energieverbrauch, bei der altersgerechten, barrierefreien Ausstattung und beim Grundriss“, sagt Institutsleiter Matthias Günther.

Auf dem Papier sei zwar alles im „grünen Bereich“. „Rein rechnerisch gibt es genug Wohnungen in Hagen. Aber das ist eben nur die halbe Wahrheit“, so Günther. Viel zu alte, unsanierte Bausubstanz und schlecht oder gar nicht vermietbare Bestände verzerrten das Bild. Für den Studienleiter gibt es auch Baubedarf auf diesem Wohnungsmarkt. Wohnungsknappheit sei auch für Hagen ein Thema, wenn es um energiesparende, altersgerechte und bezahlbare Wohnungen gehe. „Zum guten Wohnen gehört, dass die Heizkosten im Rahmen bleiben. Das ist neben energetischem Sanieren nur durch neue, moderne Wohnungen zu erreichen“, sagt Günther. Im Übrigen entscheide ein gutes Wohnangebot auch darüber, wie attraktiv eine Region sei.

Das Pestel-Institut verweist in seiner Studie darauf, dass es notwendig ist, das Sanieren von Mietwohnungen ebenso wie den Mietwohnungsneubau anzukurbeln. Dazu gehörten auch der Abriss und der anschließende Neubau (Ersatzneubau) von leer stehenden Wohnhäusern in guten Innenstadtlagen, wenn diese nicht mehr wirtschaftlich saniert werden können. Immerhin seien in Hagen rund 73 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes Mietwohnungen. Das Sanieren, der Neubau sowie der Ersatzneubau müssten allerdings deutlich attraktiver gemacht werden. Hier komme es darauf an, die richtigen Anreize zu setzen. „Was wir an neuen und neu sanierten Mietwohnungen brauchen, ist mit der derzeitigen staatlichen Wohnungsbauförderung nicht hinzubekommen“, sagt Studienleiter Günther.

Effektiv sei insbesondere eine steuerliche Erleichterung für den Mietwohnungsbau. So hält der Wissenschaftler die Erhöhung des jährlichen Abschreibungssatzes von derzeit 2 auf 4 Prozent für besonders wirkungsvoll. „Das macht schon deshalb Sinn, weil bei einem Neubau viele Teile eine durchschnittliche Lebensdauer von nicht einmal 25 Jahren haben. Dazu gehören z.B. Heizkessel, Fenster, Armaturen sowie die Außen- und Innenanstriche. Deshalb brauchen Bauherren eine höhere Abschreibung“, so Matthias Günther. Darüber hinaus seien über die KfW-Förderung des Bundes auch ergänzende Landesförderprogramme für zinsgünstige Kredite und Zuschüsse notwendig, um insbesondere energetische und altersgerechte Sanierungen voranzubringen.

Bei der Förderung des Mietwohnungsbaus stehen der Bund und die Länder in der Pflicht, so die Forderung der Wohnungsbau-Initiative. Schwerpunkt müsse hier der Soziale Wohnungsbau sein. Dabei sollte der Bund den Ländern künftig mehr Mittel zur Verfügung stellen. Im Gegenzug sei es notwendig, dass die Länder garantierten, dieses Geld ausschließlich für den Wohnungsbau einzusetzen und durch eigene Mittel aufzustocken. Das unterstreichen führende Verbände der Bau- und Immobilienbranche, die die Pestel-Studie in Auftrag gegeben haben. Dazu gehören der Deutsche Mieterbund (DMB) und die IG Bauen-Agar-Umwelt (IG BAU) ebenso wie der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) und die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM).

Die Verbände haben sich zur Wohnungsbau-Initiative zusammengeschlossen. In einem Brief an die Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen weisen Sie auf Defizite der aktuellen Wohnungsbaupolitik hin. Ihre Kritik richtet sich insbesondere dagegen, dass sich der Bund in den letzten Jahren schrittweise aus der Verantwortung für die Wohnungsbauförderung zurückgezogen hat. Und das ohne für Alternativen zu sorgen – etwa durch ergänzende Förderprogramme der Länder.

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