Erst das Brot im Ofen – und dann vor der Kamera. Vor einer Video-Überwachung in Bäckereien in Hagen hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) gewarnt. „Kameras haben am Verkaufstresen ohne wichtigen Grund nichts zu suchen. Die heimischen Bäckereien sollten vom ‚Überwachungswahn’ tunlichst die Finger lassen“, sagt Helge Adolphs. Der Geschäftsführer der NGG-Region Südwestfalen spricht von einem „Trend zur Kontrolle“ in Bäckereien und Backfilialen. Den gebe es auch in der Gastronomie. An Hotelrezeptionen, Servicebars von Kantinen und in Fastfood-Restaurants werde mehr und mehr auf Kameras gesetzt.
„Ständig aus irgendeiner Ecke von irgendeiner Kamera beobachtet zu werden, das tolerieren weder Kunden in Bäckereien noch Gäste in der Gastronomie. Und für die Angestellten ist so eine Kontrolle auf Schritt und Tritt wie eine ‚optische Fessel’. Wenn jeder Handgriff beobachtet wird, dann ist das enorm bedrückend“, sagt Helge Adolphs. Der ständige Anpassungs- und Überwachungsdruck sei psychisch belastend. „Eine Fachangestellte in einer Bäckerei, die jeden Gang zur Toilette rechtfertigen muss, ist irgendwann fix und fertig mit den Nerven“, so der Gewerkschafter.
Er warnt die Bäckereien und die Gastronomie in Hagen vor einer Leistungs- und Verhaltenskotrolle per Videokamera: „Alle Betriebe sollten sich davor hüten, in die ‚Lidl-Falle’ zu tappen. ’Big Brother’ hat am Arbeitsplatz nichts zu suchen“, so der Geschäftsführer der NGG-Region Südwestfalen. Das persönliche Vertrauen in die eigene Belegschaft aufzubauen, sei besser als jede technische Kontrolle.
Eine Ausnahme gebe es lediglich dann, wenn ein konkreter Verdacht bestehe – etwa beim Verdacht auf Diebstahl. Dann sollte die Unternehmensleitung eine Videoüberwachung jedoch unbedingt mit dem Betriebsrat abstimmen. „Einen Freibrief für eine Rund-um-die-Uhr-Videokontrolle an 365 Tagen im Jahr kann es in keinem Fall geben“, so Adolphs. Beschäftigten in Hagen rät die NGG Südwestfalen, sich gegen Kameras am Arbeitsplatz zu wehren. „Das Beste, was da hilft, ist die Gründung eines Betriebsrats“, sagt der Gewerkschafter.