Dienstag, 27. November 2012

Deutsche AIDS-Hilfe zu HIV-Infektionszahlen: Prävention intensivieren!


Das Robert Koch-Institut (RKI) hat heute die 
geschätzten HIV-Neuinfektionszahlen für das Jahr 2012 und korrigierte
Schätzungen für die letzten Jahre veröffentlicht. Zugrunde liegt eine
Weiterentwicklung des Berechnungsverfahrens. Nach den neuen 
Schätzungen ist das Infektionsgeschehen in Deutschland seit 2004 
weitgehend stabil, mit leichten Auf- und Abwärtsbewegungen. Im Jahr 
2012 werden sich nach den Schätzungen des RKI bis Jahresende rund 
3.400 Menschen neu mit HIV infiziert haben, etwas mehr als 2011.

  Dazu erklärt Carsten Schatz, Mitglied im Vorstand der Deutschen 
AIDS-Hilfe:

  "Die stabile Lage bei den HIV-Neuinfektionen in Deutschland ist 
ein Erfolg der Prävention. Damit steht Deutschland im internationalen
Vergleich hervorragend da. Der leichte Anstieg bei den Neuinfektionen
seit 2011 fordert eine Intensivierung der Prävention, gerade bei 
schwulen Männern und anderen Männern, die Sex mit Männern haben. 
Kürzungen sind vor diesem Hintergrund fatal. Dies gilt vor allem im 
Osten Deutschlands, wo sich die Infektionsrate der westdeutschen 
immer mehr angleicht, Prävention aber oft besonders schlecht 
finanziert ist."

  Nach Interpretation des RKI betrifft der leichte Anstieg der 
Neuinfektionen vor allem schwule Männer. Als Hauptgrund sieht das RKI
eine Syphilis-Welle. Die Syphilis und andere sexuell übertragbare 
Infektionen erhöhen die Übertragungswahrscheinlichkeit von HIV 
erheblich, auch wenn sich am Schutzverhalten nichts oder wenig 
ändert.

  Erforderlich ist daher aus Sicht der Deutschen AIDS-Hilfe wie auch
des RKI eine frühe Erkennung sexuell übertragbarer Infektionen. Nach 
der EMIS-Studie aus dem Jahr 2010 
(http://www.iwwit.de/blog/2011/08/safer-sex-bleibt-spitzenreiter/
finden diagnostische Maßnahmen in Deutschland viel zu selten statt 
und werden oft nicht fachgerecht durchgeführt.

  Dazu Carsten Schatz: "Regelmäßige Checks auf sexuell übertragbare 
Infektionen sind ein wichtiger Baustein der HIV-Prävention bei 
schwulen Männern, werden aber bei Patienten ohne Krankheitsanzeichen 
bisher nicht von den Krankenkassen übernommen. Das muss sich ändern! 
Wir brauchen außerdem eine Sensibilisierung von Ärztinnen und Ärzte 
für das Thema und mehr Testangebote in den Szenen selbst, zum 
Beispiel in Aidshilfen oder an Treffpunkten schwuler Männer. Die 
Deutsche AIDS-Hilfe und ihre Mitgliedsorganisationen machen bereits 
seit Jahren entsprechende Angebote, die in Zukunft ausgebaut werden. 
Dafür braucht es eine verlässliche Finanzierung in Städten und 
Gemeinden."

  Notwendig ist darüber hinaus eine weitere Enttabuisierung von 
Sexualität und sexuell übertragbaren Infektionen. Darüber reden zu 
können, ist eine wichtige Voraussetzung für Schutz und Diagnostik.

  Schatz weiter: "Es ist fatal, HIV-Prävention auf biologische 
Zusammenhänge zu reduzieren. Diskriminierung von Menschen mit HIV und
von schwulen Männern führt zu Angst und Tabus. Um Infektionszahlen zu
senken, benötigen wir ein Klima der Offenheit, in dem es möglich ist,
frei über Sexualität, HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten
zu sprechen. Dafür trägt auch die Politik Verantwortung, die einer 
vollständigen rechtlichen Gleichstellung von Lesben und Schwulen noch
immer im Wege steht."

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