Donnerstag, 22. November 2012

Deutscher Rettungsdienst in Gefahr

Pläne von Bund und Ländern für Notfallsanitätergesetz bergen erhebliche Risiken
  Berli - Die Versorgung von Notfallpatienten und 
Unfallopfern droht nach Auffassung der Arbeitsgemeinschaft 
Rettungsassistentenschulen Deutschland (AgRD) bundesweit unter die 
Räder zu kommen. Grund hierfür sind die Pläne von Bund und Ländern 
für ein neues Notfallsanitätergesetz. Die Länder werden danach ihrem 
gesetzlichen Auftrag, den Rettungsdienst zu gewährleisten, nicht mehr
nachkommen können, sagte der Sprecher der AgRD, Ingo Kolmorgen, heute
in Berlin. 

  Alle Hinweise der AgRD auf die unzureichenden 
Finanzierungsgrundlagen seien im Gesetzgebungsverfahren ignoriert 
worden. Vorgesehen sei unter anderem eine Nachschulung von 
Rettungsassistenten zu Notfallsanitätern. Dies wird nach Berechnungen
der AgRD mit mindestens 40.000 Euro pro Rettungsassistent zu Buche 
schlagen. Wer diese Kosten tragen solle, sei völlig unklar, sagte 
Kolmorgen. 

  Auch personell sei für die Phase der Nachqualifizierung von 
Rettungsassistenten keinerlei Vorsorge getroffen. Klar sei, dass 
Rettungsassistenten in dieser Zeit für Einsätze nicht zur Verfügung 
stehen. Wer ihr Gehalt weiterzahle und wie die personellen Lücken auf
Einsatzfahrzeugen geschlossen werden sollten, sei offen. 

  Die ersten Notfallsanitäter werden nach Einschätzung der AgRD 
nicht vor Ende 2017 ihren Dienst antreten können. Damit droht eine 
massive Verschärfung des schon bestehenden Fachkräftemangels im 
Rettungswesen. Im schlimmsten Fall können Rettungswagen nicht zu 
Einsätzen ausrücken. Chaotische Zustände seien daher vorprogrammiert,
und die Gefährdung von Menschenleben werde in Kauf genommen. 

  Zwar hat der Gesundheitsausschuss des Bundesrates inzwischen 
Korrekturen beschlossen. So soll das bisher geltende 
Rettungsassistentengesetz (RettAssG) ein Jahr länger als bisher 
geplant in Kraft bleiben. Doch Kolmorgen ist überzeugt: "Solche 
Übergangsfristen werden bei weitem nicht ausreichen, um die 
Personalprobleme im Rettungswesen zu lösen." Im Übrigen werden die 
Beschlüsse des Gesundheitsausschusses dazu führen, dass auf 
Rettungswagen künftig Sanitäter mit einer "Schmalspurausbildung" von 
drei Monaten eingesetzt werden. Außerdem plant der Gesetzgeber, die 
eigentlich dreijährige Ausbildung zum Notfallsanitäter auf die Hälfte
der Ausbildungszeit zu verkürzen. "Gemessen an der ursprünglichen 
Absicht, Notarzteinsätze auf ein Minimum zu reduzieren, ist das ein 
gefährlicher Rückschritt in die Steinzeit", so Kolmorgen. 

  Zugleich werden freie Schulen, die bisher 50 Prozent des in 
Deutschland benötigten Rettungsdienstpersonals ausbildeten, in ihrer 
Existenz bedroht. Das Gesetz soll nach Beschlüssen von Bundestag und 
Bundesrat Anfang 2014 in Kraft treten. Mit einer Entscheidung des 
Bundestages sei im Januar kommenden Jahres zu rechnen. 

  Die AgRD fordert den Gesetzgeber auf, ungeachtet der Pläne für ein
Notfallsanitätergesetz am RettAssG festzuhalten. Nur so ließen sich 
schwerwiegende Folgen für die Organisation des Rettungswesens in den 
16 Bundesländern abwenden.

  Die AgRD ist die bundesweite Vertretung der freien und staatlich 
anerkannten Rettungsassistentenschulen, die bis dato mit über 50 
Prozent den größten Anteil der rettungsdienstlichen Fachausbildung in
der Bundesrepublik verantworten.

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