(tv58.de
/ Hans Leicher.) Hagen – Mit einem wahrlich märchenhaften Musical ist das theaterhagen am vergangenen
Wochenende in die Vorweihnachtszeit gestartet. 30.000 Menschen aller
Generationen werden bis kurz vor Heilig Abend davon verzaubert
werden, darunter zahlreiche Schulklassen. Für viele
Schulen in der Region steht das Märchen zur Vorweihnachtszeit am
theaterhagen seit vielen Jahren auf dem vorweihnachtlichen
„Lehrplan“. Jeder Platz im Zuschauerraum wird genutzt, um die
vielen erwartungsvollen Gesichter zu begeistern. Selbst direkt vor
der Bühne, wo sich sonst der Orchestergraben befindet, wurden
noch viele zusätzliche Plätze eingerichtet. Das ist auch
notwendig, denn bereits im Vorverkauf wurden die Plätze der
Vorstellungen um „Die Prinzessin auf der Erbse“ ebenso gestürmt,
wie das Theater selbst vor den einzelnen Vorstellungen.
Gute
Chancen auf Karten haben übrigens noch Kurzentschlossene für
die Familien-Vorstellungen am 2. Dezember.
Für den Betrachter
ist es schon ein Schauspiel für sich, wenn gerade die jungen
Theaterbesucher den Platz vor dem theaterhagen und später den
Zuschauerraum mit Leben füllen. „So also sieht ein Theater
aus“, wagt man in vielen umblickenden und staunenden Gesichtern zu
lesen. Nicht nur bei ihnen: auch bei den begleitenden Eltern und
Großeltern spiegelt sich der Glanz in den Augen. Viele von
ihnen scheinen selbst an ihre Kindheit erinnert zu werden. „Ich bin
selbst zuletzt als Kind bei einem Weihnachtsmärchen hier im
Theater gewesen“, erzählt uns eine Mutter kurz bevor die
Eröffnungsansage den Theaterraum still werden lässt. Keine
Hände zwischen die Klappsitze stecken, keine Ton-, Foto- und
Videoaufnahmen (daran kann sich später eine Medienvertreterin
offensichtlich nicht halten), Handys aus - heißt es bis dann alle
gebannt auf den großen roten Vorhang schauen.
Man
scheint es dem Musikalischen Leiter Andres Reukauf anzumerken: er ist
froh jetzt endlich am Flügel „Gas geben“ zu können.
Zusammen mit der „Band“ dem Publikum das zu schenken, an dem er
seit dem Sommer komponiert und arrangiert hat. Viele Monate hat er
damit verbracht, die Texte von Werner Hahn in Musik umzusetzen.
Hektisch
und turbulent startet das Familien-Musical. Nach seiner Rolle als
Jäger im Rambo-Outfit im Märchen des vergangenen Jahres kann
Tillmann Schnieders nun wieder den Märchenprinz auf der Hagener
Bühne darstellen und singen: Prinz Malte Nils Finn Jannik Sören
Jasper, der sich zunächst standhaft weigert zu heiraten. „Ich
will nicht erwachsen sein“, spricht er in seiner Rolle vielleicht so manchem Erwachsenen aus der Seele. Trotz des hektischen Einstiegs hat es
Andres Reukauf auch diesmal wieder verstanden, das überwiegend
junge Publikum nicht zu überfordern. Immer wieder wechseln seine
Kompositionen ins Ruhige. Teils erinnern die Melodien an Kinder- oder
Volkslieder aber auch die traumhaften Balladen für die Reukauf
mittlerweile bekannt ist, lassen nicht auf sich warten. Sie berühren
und fließen als Ohrwürmer in das Gedächtnis. Das
alles gelingt nicht ohne die entsprechenden Musiker, die musikalisch
das vermitteln um was es in der Handlung dieses Stückes geht:
die Empfindsamkeit.
Diese
Empfindsamkeit spiegelt sich auch in dem wieder, was der Choreograph
Ricardo Viviani dem Musical eingehaucht hat. Wenn er sich mit einer
solchen Choreographie beschäftige, dann erwache in ihm ein siebenjähriges Kind mit viel Phantasie, hat er uns einmal
verraten. Auch in diesem Jahr, scheint das Kind in diesem stets
wachen Menschen nicht verloren gegangen zu sein: Die Choreographie
überzeugt von der ersten bis zur letzten Minute, und all diese guten
Zutaten sorgen auch von Anfang an für Freude, Spaß,
Kichern und glanzvolle Augen; nicht nur beim jungen Publikum. Bei
allen scheinen die Akteure auf der Bühne das geschafft zu haben,
was einen guten Schauspieler ausmacht: das Publikum mit auf die Reise
zu nehmen. In diesem Stück auf die Reise in ein Königreich.
War
man gerade noch in einem prunkvollen Palast, findet man sich später
in einem sprichwörtlich traumhaften Bühnenbild wieder:
einer wunderbaren Waldlandschaft, die so real gestaltet und schön
gelungen ist, dass man eigentlich selbst aufstehen und dort die
spätere Prinzessin Jette besuchen möchte. Die Liebe bis ins
kleinste Detail von allen, die seit Monaten hinter der Bühne an
dieser Ausstattung gearbeitet haben, wird wiedereinmal eines der
Markenzeichen des theaterhagen. Die berührende Reukaufsche
Ballade „Wie schön ist dieses Fleckchen Erde“ bringt es auf
den Punkt. Es ist sicherlich nicht übertrieben, die Atmosphäre
aus Akteuren, Musik, Bühnenbild, Effekten und Beleuchtung als
traumhaft zu beschreiben. Und so verfliegen die rund 50 Minuten des
ersten Aktes auch wie eine gefühlte Viertel Stunde.
Neben
den gleichfalls überzeugenden Ensemble-Mitgliedern ist dem
theaterhagen auch insgesamt bei den Gastengagements ein guter Griff gelungen. Alle
überzeugen durch Schauspiel, Tanz und Gesang wobei Stefanie Köhm
als „Jette“ und Emanuele Pazienza als „Haushofmeister Andersen“
es sogar noch schaffen, dem ein Sahnehäubchen aufzusetzen, was
man man von ihnen am theaterhagen bereits aus anderen Produktionen
kennt.
Das
alles findet später im Finale beim Happy End einen umjubelten
und stürmischen Applaus mit vielen „Zugabe“-Rufen. Verdient!
Und
wer als Theaterbesucher nur ein Quäntchen Empfindsamkeit
besitzt, dem bleibt der Zauber von den Stimmen, der Musik, der Bilder
und den leuchtenden Augen um ihn herum noch weit über diese
Vorstellung erhalten – vielleicht ein Leben lang.
„Die
Prinzessin auf der Erbse“
Märchen
mit Musik
nach
Hans Christian Andersen
von
Andres Reukauf und Werner Hahn
bis
zum 23.12.2012 am theaterhagen