Der Journalist Beppe Alfano wurde am 08. Januar 1993 in Barcellona Pozzo di Gotto (Sizilien, Italien) von der Mafia ermordet. Anlässlich seines zwanzigsten Todestags initiierte seine
Tochter Sonja Alfano, Vorsitzende des Sonderausschusses zur
organisierten Kriminalität, der Korruption und der Geldwäsche (CRIM)
des Europäischen Parlaments dort am 07. und 08. Januar eine
Veranstaltung, bei der die Bekämpfung der italienischen Organisierten
Kriminalität im Mittelpunkt stand. Experten von Europol, Interpol,
FBI (Ferderal Bureau of Investigation, USA), DEA (Drug Enforcement
Administration, USA), DIA (Direzione Investigativa Antimafia,
Italien), SCICO (Servizio Centrale di Investigazione sulla
Criminalità Organizzata, Guardia di Finanza, Italien) und dem
Bundeskriminalamt (BKA), Vertreter der Justiz sowie ausgewählte
Journalisten diskutierten unterschiedliche Aspekte der
Kriminalitätsanalyse und Kriminalitätsbekämpfung. Einer der zentralen
Punkte war dabei die internationale Zusammenarbeit. Einen weiteren
Schwerpunkt der Konferenz bildete Sonja Alfanos Engagement, die
Zivilgesellschaft zu mobilisieren und die gesamtgesellschaftliche
Verantwortung beim Kampf gegen die Mafia herauszustellen.
Besondere Brisanz erhielt die Konferenz durch zwei Morde, die
jüngst in Barcellona Pozzo di Gotto begangen wurden. Im Dezember 2012
war ein 20-jähriger Mann in einem Friseurladen erschossen worden, ein
weiterer Mann am 01. Januar 2013 in einer Bar, in beiden Fällen unter
den Augen der Öffentlichkeit. Daher soll die Konferenz auch das
Zeichen an die Bevölkerung der Region setzen, dass man im gemeinsamen
Kampf gegen die Mafia nicht nachlassen wird.
BKA-Präsident Jörg Ziercke: "Ein Mafia-Problem in Italien ist auch
ein Problem in Deutschland! Dass hier ein Rückzugs-, Ruhe-,
Investitions- und auch Aktionsraum ist, haben uns zuletzt die sechs
Morde in Duisburg im Jahr 2007 nachdrücklich vor Augen geführt". Seit
Mitte der 1990er Jahre sind in Deutschland rund 270 mutmaßliche
Mafia-Mitglieder festgenommen worden. In den Jahren 2007 bis 2011
wurden vierzehn Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der
italienischen Organisierten Kriminalität (IOK) geführt (davon zwölf
gegen ´Ndrangheta, zwei gegen Camorra), 44 weitere
Ermittlungsverfahren wiesen enge Bezüge zur IOK auf, davon 18 zur
Camorra, 14 zur ´Ndrangheta, zehn zur Cosa Nostra, eins zur Stidda
und eins zur Apulischen OK. Allein im Jahr 2011 wurde ein durch diese
Formen der Kriminalität verursachter Schaden in Höhe von 2,9
Millionen Euro ermittelt, der Gewinn wurde auf rund 840.000 Euro
geschätzt. Dem gegenüber standen vermögensabschöpfende Maßnahmen in
Höhe von rund 350.000 Euro.
Im Kampf gegen Organisierte Kriminalität kommt der
deutsch-italienischen Kooperation herausragende Bedeutung zu. Durch
die Einrichtung der Deutsch-Italienische Task Force (DITF) zur
Bekämpfung der italienischen Mafia in Deutschland im Jahr 2007 ist
bereits viel erreicht worden. Der Austausch aktueller und
verwertbarer Informationen hat in beiden Ländern zur Einleitung von
Ermittlungsverfahren, erfolgreichen Verfahrensabschlüssen und
zahlreichen Festnahmen geführt. Dies nicht zuletzt, weil deutsche und
italienische Polizeibeamte schon bei der Verdachtsgewinnung eng
zusammen arbeiten. Hierzu gehört die enge Begleitung durch
italienische Spezialisten in deutschen Ermittlungsverfahren. Dadurch
sollen die Finanzermittlungen sowie die spätere Vermögensabschöpfung
effektiver werden. Zur Aufspürung illegaler Mafiavermögen in Italien
und Deutschland besteht innerhalb der DITF zudem eine gemeinsame
Arbeitsgruppe.
Von italienischer Seite wurde betont, dass die Abschöpfung des
Vermögens der Mafia das wirksamste Instrument darstellt, um die
Mafiagruppierungen nachhaltig zu schädigen. Dabei stellten sie auf
die besondere Wirksamkeit der Regelung ab, dass das Mafiamitglied die
Rechtmäßigkeit seines Vermögens beweisen muss (Beweislastumkehr). Sie
sprachen sich dafür aus, die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen in
den 27 Mitgliedstaaten der EU und die Befugnisse der
Ermittlungsbehörden zu harmonisieren und auf polizeilicher und
justizieller Ebene noch enger als bisher zusammen zu arbeiten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Ausbau der Zusammenarbeit
mit der italienischen Justiz. Hierzu wurden zentrale Ansprechstellen
geschaffen. Wichtig ist auch, dass die italienische Justiz mögliche
Bezüge nach Deutschland, die sich insbesondere aus der Vernehmung von
Kronzeugen ergeben könnten, deutschen Strafverfolgungsbehörden
frühzeitig mitteilt.
BKA-Präsident Jörg Ziercke: "Unangetastete Ruheräume der Mafia in
Deutschland führen zu einer Sogwirkung des illegal erlangten
Vermögens nach Deutschland. Dies gilt auch für andere Staaten in
Europa und der Welt, in denen sich die italienische Mafia
niedergelassen hat. Erforderlich ist eine auf EU-Ebene harmonisierte
Rechtsgrundlage, die eine einheitliche Bekämpfung der italienischen
Organisierten Kriminalität nach Art der Mafia in allen
Mitgliedsstaaten ermöglicht. Die Justiz- und Polizeibehörden in
Europa müssen die Bekämpfung der Mafia zu einem gemeinsamen
europäischen Anliegen machen".