Freitag, 11. Januar 2013

BKA-Präsident Jörg Ziercke : "Wir müssen die Bekämpfung der italienischen Organisierten Kriminalität zu einem gemeinsamen europäischen Anliegen machen".


Der Journalist Beppe Alfano wurde am 08. Januar 1993 in Barcellona Pozzo di Gotto (Sizilien, Italien) von der Mafia ermordet. Anlässlich seines zwanzigsten Todestags initiierte seine
Tochter Sonja Alfano, Vorsitzende des Sonderausschusses zur 
organisierten Kriminalität, der Korruption und der Geldwäsche (CRIM) 
des Europäischen Parlaments dort am 07. und 08. Januar eine 
Veranstaltung, bei der die Bekämpfung der italienischen Organisierten
Kriminalität im Mittelpunkt stand. Experten von Europol, Interpol, 
FBI (Ferderal Bureau of Investigation, USA), DEA (Drug Enforcement 
Administration, USA), DIA (Direzione Investigativa Antimafia, 
Italien), SCICO (Servizio Centrale di Investigazione sulla 
Criminalità Organizzata, Guardia di Finanza, Italien) und dem 
Bundeskriminalamt (BKA), Vertreter der Justiz sowie ausgewählte 
Journalisten diskutierten unterschiedliche Aspekte der 
Kriminalitätsanalyse und Kriminalitätsbekämpfung. Einer der zentralen
Punkte war dabei die internationale Zusammenarbeit. Einen weiteren 
Schwerpunkt der Konferenz bildete Sonja Alfanos Engagement, die 
Zivilgesellschaft zu mobilisieren und die gesamtgesellschaftliche 
Verantwortung beim Kampf gegen die Mafia herauszustellen.

  Besondere Brisanz erhielt die Konferenz durch zwei Morde, die 
jüngst in Barcellona Pozzo di Gotto begangen wurden. Im Dezember 2012
war ein 20-jähriger Mann in einem Friseurladen erschossen worden, ein
weiterer Mann am 01. Januar 2013 in einer Bar, in beiden Fällen unter
den Augen der Öffentlichkeit. Daher soll die Konferenz auch das 
Zeichen an die Bevölkerung der Region setzen, dass man im gemeinsamen
Kampf gegen die Mafia nicht nachlassen wird.

  BKA-Präsident Jörg Ziercke: "Ein Mafia-Problem in Italien ist auch
ein Problem in Deutschland! Dass hier ein Rückzugs-, Ruhe-, 
Investitions- und auch Aktionsraum ist, haben uns zuletzt die sechs 
Morde in Duisburg im Jahr 2007 nachdrücklich vor Augen geführt". Seit
Mitte der 1990er Jahre sind in Deutschland rund 270 mutmaßliche 
Mafia-Mitglieder festgenommen worden. In den Jahren 2007 bis 2011 
wurden vierzehn Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der 
italienischen Organisierten Kriminalität (IOK) geführt (davon zwölf 
gegen ´Ndrangheta, zwei gegen Camorra), 44 weitere 
Ermittlungsverfahren wiesen enge Bezüge zur IOK auf, davon 18 zur 
Camorra, 14 zur ´Ndrangheta, zehn zur Cosa Nostra, eins zur Stidda 
und eins zur Apulischen OK. Allein im Jahr 2011 wurde ein durch diese
Formen der Kriminalität verursachter Schaden in Höhe von 2,9 
Millionen Euro ermittelt, der Gewinn wurde auf rund 840.000 Euro 
geschätzt. Dem gegenüber standen vermögensabschöpfende Maßnahmen in 
Höhe von rund 350.000 Euro.

  Im Kampf gegen Organisierte Kriminalität kommt der 
deutsch-italienischen Kooperation herausragende Bedeutung zu. Durch 
die Einrichtung der Deutsch-Italienische Task Force (DITF) zur 
Bekämpfung der italienischen Mafia in Deutschland im Jahr 2007 ist 
bereits viel erreicht worden. Der Austausch aktueller und 
verwertbarer Informationen hat in beiden Ländern zur Einleitung von 
Ermittlungsverfahren, erfolgreichen Verfahrensabschlüssen und 
zahlreichen Festnahmen geführt. Dies nicht zuletzt, weil deutsche und
italienische Polizeibeamte schon bei der Verdachtsgewinnung eng 
zusammen arbeiten. Hierzu gehört die enge Begleitung durch 
italienische Spezialisten in deutschen Ermittlungsverfahren. Dadurch 
sollen die Finanzermittlungen sowie die spätere Vermögensabschöpfung 
effektiver werden. Zur Aufspürung illegaler Mafiavermögen in Italien 
und Deutschland besteht innerhalb der DITF zudem eine gemeinsame 
Arbeitsgruppe.

  Von italienischer Seite wurde betont, dass die Abschöpfung des 
Vermögens der Mafia das wirksamste Instrument darstellt, um die 
Mafiagruppierungen nachhaltig zu schädigen. Dabei stellten sie auf 
die besondere Wirksamkeit der Regelung ab, dass das Mafiamitglied die
Rechtmäßigkeit seines Vermögens beweisen muss (Beweislastumkehr). Sie
sprachen sich dafür aus, die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen in 
den 27 Mitgliedstaaten der EU und die Befugnisse der 
Ermittlungsbehörden zu harmonisieren und auf polizeilicher und 
justizieller Ebene noch enger als bisher zusammen zu arbeiten.

  Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Ausbau der Zusammenarbeit 
mit der italienischen Justiz. Hierzu wurden zentrale Ansprechstellen 
geschaffen. Wichtig ist auch, dass die italienische Justiz mögliche 
Bezüge nach Deutschland, die sich insbesondere aus der Vernehmung von
Kronzeugen ergeben könnten, deutschen Strafverfolgungsbehörden 
frühzeitig mitteilt.

  BKA-Präsident Jörg Ziercke: "Unangetastete Ruheräume der Mafia in 
Deutschland führen zu einer Sogwirkung des illegal erlangten 
Vermögens nach Deutschland. Dies gilt auch für andere Staaten in 
Europa und der Welt, in denen sich die italienische Mafia 
niedergelassen hat. Erforderlich ist eine auf EU-Ebene harmonisierte 
Rechtsgrundlage, die eine einheitliche Bekämpfung der italienischen 
Organisierten Kriminalität nach Art der Mafia in allen 
Mitgliedsstaaten ermöglicht. Die Justiz- und Polizeibehörden in 
Europa müssen die Bekämpfung der Mafia zu einem gemeinsamen 
europäischen Anliegen machen".

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