Carlisle
Floyds Oper „Susannah“ versetzt die aus einem Anhang des Alten
Testaments stammende Geschichte der „Susanne im Bade“ in das
puritanisch geprägte Tennessee in den USA.
Die Protagonistin
Susannah ist jung, hübsch und unverheiratet. Sie wächst mit ihrem
trunksüchtigen Bruder auf. Die beiden sind Außenseiter in der
Dorfgemeinschaft, die für Andersartigkeit kein Verständnis hat.
Susannah wird so zur Zielscheibe für Verleumdungen. Die Männer
fühlen sich von ihr angezogen, die Frauen werfen ihr vor, sich zu
aufreizend zu geben. Als der Wanderprediger Blitch ins Dorf kommt um
eine „Erweckungszeremonie“ durchzuführen, wird Susannah von den
Dorfältesten beim Baden in einem abgelegenen Fluss beobachtet. Die
Dorfgemeinschaft hält das für den Beweis ihrer Immoralität und
möchte sie zu einer öffentlichen Generalbeichte zwingen. Als
Susannah sich weigert, wird sie vom Wanderprediger zu Hause besucht.
Dieser glaubt ihre Unschuld nicht und vergeht sich schließlich an
ihr. Als er feststellen muss, dass Susannah noch Jungfrau ist, bereut
er seine Tat. Doch es ist bereits zu spät: Susannahs Bruder Sam
rächt sich am Pfarrer, und Susannah muss sich gegen den
aufgebrachten Dorfmob verteidigen.
Carlisle
Floyds 1955 uraufgeführte erste abendfüllende Oper „Susannah“
ist die bekannteste Oper des 1926 geborenen Komponisten. Sie entstand
in den Jahren 1953/54. In dieser sogenannten McCarthy-Ära (nach
Senator Joseph McCarthy) herrschte in den USA eine fast schon
panische Angst vor dem Kommunismus, der sich nicht zuletzt darin
niederschlug, dass der bloße Verdacht „anders“ zu sein
ausreichte, um gesellschaftlich ausgeschlossen zu werden. Die
ungerechte Verurteilung Susannahs ist sicherlich auch in diesem Licht
zu sehen.
„Susannah“
ist, nach Gershwins „Porgy and Bess“, die zweiterfolgreichste
amerikanische Oper überhaupt. In den USA genießt das Stück den
Status einer „Nationaloper“ – in Europa ist es, bis auf wenige
Produktionen, seit der Uraufführung weitestgehend unbeachtet
geblieben. 250 Produktionen gab es zwischenzeitlich, die allermeisten
davon in den USA. „Susannah“ behandelt ein genuin amerikanisches
Sujet in einem genuin amerikanischen Umfeld und bildet auch im
Libretto das Idiom der Appalachen authentisch ab.
Musikalisch
bedient sich Floyd immer wieder populärmusikalischer Elemente:
Square Dance, Gospel, Jazz und Filmmusik sind stets präsent –
diese spannende Mischung, gepaart mit Floyds unverkennbarem
dramaturgischen Gespür machen „Susannah“ zur vielleicht
amerikanischsten Oper überhaupt.
„Susannah“ ist ein weiterer
Höhepunkt in der Reihe modernen amerikanischen Musiktheaters am
theaterhagen.
Die unglaublich publikumswirksame Tonsprache Floyds bannt den Zuhörer
bereits beim ersten Hören. Floyd beweist, dass auch für einen
Komponisten des 20. Jahrhunderts die Grenze der Tonalität nicht
überschritten werden muss, um Innovation und Individualität zu
erzeugen.
Trotz
der speziellen amerikanischen Verortung des Stoffes wohnt der Oper
eine Aktualität und Gleichnisartigkeit inne, die eben nicht nur in
fundamental-christlich geprägten Gegenden und nicht nur in der
Entstehungszeit der 1950er Jahre nachvollziehbar ist. „Susannah“
wirft Fragen über jede Form des menschlichen Zusammenlebens auf und
zeigt uns sehr deutlich, wie dünn der Lack der Zivilisation manchmal
ist.
Musikalische
Leitung: Bernhard Steiner; Regie: Roman Hovenbitzer; Ausstattung: Jan
Bammes; Choreographie: Andre Baeta.
Mit:
Jaclyn Bermudez, Charles Reid, Rainer Zaun, Jeffery Krueger, Raymond
Ayers, James Wood, Richard van Gemert, Orlando Mason, Marilyn
Bennett, Dagmar Hesse, Tanja Schun, Rena Kleifeld.
Weitere Vorstellungen am Fr 23.3., Mi 28.3., Di 10.4., Di 17.4., Fr
11.5., So 10.6.(18 Uhr), Do 14.6., So 17.6.(15 Uhr), So 24.6. (18
Uhr), jeweils 19.30 Uhr, wenn
nicht anders angegeben.
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