Zur heutigen Ankündigung von Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner, gesetzliche Höchstmengen für den Übergang von Mineralölen aus Lebensmittelverpackungen aus Recycling-Papier auf Lebensmittel zu erlassen, erklärt der stellvertretende Geschäftsführer der Verbraucherorganisation foodwatch, Matthias Wolfschmidt:
"Schön, dass Bundesministerin Aigner nach der Veröffentlichung der
Stiftung Warentest zu Mineralöl in Schokoladen-Adventskalendern
wieder eingefallen ist, dass bei ihr seit mehr als zwei Jahren eine
Verordnung zu Grenzwerten in der Schublade liegt. Hätte sie diese
Regelung schon 2011 durchgesetzt, wären Verbraucher die
krebsverdächtigen Substanzen, die nicht nur in Adventskalendern
stecken, schon seit zwei Jahren erspart geblieben.
Nun muss Frau Aigner dafür sorgen, dass keine krebsverdächtigen
aromatischen Kohlenwasserstoffe mehr aus Verpackungen in die
Lebensmittel gelangen. 2011 hieß es im Verordnungsentwurf ganz klar,
dass solche Substanzen "nicht nachweisbar" sein dürfen. Jetzt spricht
Frau Aigner von "Höchstmengen", die so bemessen sein sollen, "dass
Verbraucher vor gesundheitlich nachteiligen Wirkungen dieser Stoffe
geschützt werden". Doch bei aromatischen Kohlenwasserstoffen darf die
"Höchstmenge" nur klipp und klar bei "Null" liegen. Denn
unbedenkliche Mengen gibt es hier nicht.
Voraussetzung für Grenzwerte sei zudem, so die Ministerin heute,
eine "amtliche Methode zum gesicherten Nachweis der
Mineralöl-Verbindungen". Offenbar hat Frau Aigner übersehen, dass es
diese Methode längst gibt. Schon vor mehr als einem Jahr hat ihr
eigenes Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auf einer
internationalen Fachkonferenz eine praxisfähige und für die amtliche
Lebensmittelüberwachung taugliche Nachweismethode für Mineralöle in
Verpackungen vorgestellt.
Lebensmittelhersteller sind gesetzlich verpflichtet, nur sichere
Produkte auf den Markt zu bringen. Wer Produkte in den Handel bringt,
die gesundheitsgefährliche Mineralöle enthalten, verstößt also schon
jetzt gegen die seit Mitte 2008 geltende EU-Verordnung 2023/2006 zur
"Guten Herstellungspraxis". foodwatch fordert die Behörden daher auf,
jetzt unverzüglich zu handeln und die Verbraucher nicht weiter mit
dem Hinweis auf Grenzwerte zu vertrösten, die irgendwann kommen
sollen. Die Überwachungsbehörden müssen von Herstellern, die
Recycling-Kartons verwenden, Nachweise über die Unbedenklichkeit
ihrer Verpackungen verlangen. Kann ein Hersteller nicht nachweisen,
dass aus der Verpackung keine Mineralöle ins Lebensmittel gelangen
können, muss die zuständige Behörde die Ware aus dem Supermarkt
räumen.
In Lebensmittelverpackungen gelangen Mineralöle in der Regel über
Druckfarben, die entweder zum Bedrucken der Verpackung selbst
verwendet werden oder direkt im verwendeten Recyclingpapier stecken.
Das ließe sich vermeiden, wenn Papier verwendet würde, das kein
Mineralöl enthalten kann oder durch Beschichtungen verhindert würde,
dass Mineralöle in Lebensmittel gelangen können. Das Problem und die
Lösungsmöglichkeiten sind sowohl Regierung als auch Behörden und
Herstellern seit Jahren bekannt. Auf Regelungen, die sie vor den
krebserregenden Stoffen in Lebensmittel schützen, warten die
Verbraucher bisher aber vergeblich."