Der NABU hat Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner mit dem "Dinosaurier des Jahres 2012" ausgezeichnet.
Die Bundesministerin erhält den Negativpreis für ihre rückwärtsgewandte
Klientelpolitik, die den Prinzipien einer nachhaltigen und
zukunftsfähigen Politikgestaltung widerspricht. "Dies betrifft
insbesondere ihr Festhalten an einer umweltschädlichen Agrarpolitik
und ihr enttäuschendes Engagement für ein besseres Tierschutzgesetz",
sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Hinzu kämen ihre Blockade bei
der Neugestaltung eines umweltverträglicheren Jagdrechts sowie ihr
fehlendes Engagement für eine nachhaltigere Fischereipolitik.
"Im Bereich Landwirtschaft finden bei Frau Aigner im Wesentlichen
die Wünsche der Agrarindustrie und des Bauernverbandes Gehör. Wir
sind auf dem besten Weg, die Brüsseler Milliardenzahlungen an den
Agrarsektor bis zum Ende des Jahrzehnts zu zementieren", so
Tschimpke. Er kritisierte, dass jedes Jahr rund 57 Milliarden Euro
gießkannenartig in die europäische Landwirtschaft fließen und damit
immer noch Betriebe gefördert werden, die durch großflächigen
Maisanbau, Pestizideinsatz und Massentierhaltung der Umwelt schaden.
"Frau Aigner muss sich endlich für einen Kurswechsel in der
Agrarpolitik einsetzen. Es reicht nicht aus, dass die Landwirte nur
Nahrungsmittel erzeugen, sie müssen dabei auf die Wasserqualität und
den Klimaschutz achten und die Artenvielfalt erhalten. Steuergelder
müssen an konkrete Leistungen im Natur- und Umweltschutz geknüpft
werden", so der NABU-Präsident. Wenn Aigner weiterhin die Vorschläge
der EU-Kommission für eine naturverträglichere Landwirtschaft
ausbremse, sei sie mitverantwortlich für den fortschreitenden
Artenverlust. So sei die anhaltende Intensivierung der Landwirtschaft
Schuld an den Bestandseinbrüchen bei zahlreichen Vögeln der
Agrarlandschaften und führe zu einem erheblichen Rückgang von
artenreichen Wiesen.
Verdient habe die Bundeslandwirtschaftsministerin den
"Umwelt-Dinosaurier" auch für ihre passive Rolle bei der Umsetzung
der aktuellen Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU und die
Blockade von Fischereimaßnahmen für die deutschen Natura-2000-Gebiete
in der Nord- und Ostsee. "Grundschleppnetze zerstören hier die
empfindlichen Lebensgemeinschaften am Meeresboden und Jahr für Jahr
sterben zehntausende Seevögel und Schweinswale als ungewollter
Beifang in den Stellnetzen", kritisierte Tschimpke. Umweltschonende
und Beifang vermeidende Fangtechniken müssten laut NABU eine
Grundvoraussetzung dafür sein, um in Schutzgebieten fischen zu
dürfen.
Ein Paradebeispiel für das von Lobbyinteressen geleitete
Politikverständnis der Ministerin sei die geplante Novellierung des
Bundesjagdgesetzes. Ihr Ministerium hatte Ende November einen
Gesetzentwurf zur Änderung des Jagdrechts verschickt, der notwendige
und sinnvolle Korrekturen enthielt. Nur eine Woche später wurde der
Entwurf überraschend zurückgezogen. Der Gesetzentwurf soll sich
nunmehr ausschließlich auf die notwendige Umsetzung eines Urteils des
Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) begrenzen, alle
anderen im Entwurf vorgesehenen Änderungen sollen nicht weiter
verfolgt werden.
"Dass das von Ilse Aigner geführte
Bundeslandwirtschaftsministerium so unvermittelt einen aus
Naturschutzsicht fortschrittlichen Gesetzentwurf zurückzieht, zeigt
den Einfluss der Jagdlobby auf die Politik", so Tschimpke. Der NABU
fordert unter anderem die Reduzierung der jagdbaren Arten, eine
Anpassung der Jagd in Naturschutzgebieten an Naturschutzziele, ein
Fütterungsverbot sowie ein sofortiges Verbot bleihaltiger Munition.
"Die Auszeichnung soll Frau Aigner daran erinnern, dass eine
zukunftsfähige und nachhaltige Politik in ihrem Verantwortungsbereich
grundlegende Kursänderungen nötig machen. Ein Ignorieren der Probleme
gefährdet die gesellschaftliche Akzeptanz der Landwirtschaft sowie
der Fischerei und stellt die Existenz ihres Ministeriums in Frage",
so Tschimpke.
Mit seiner Kampagne "Agrarreform - Umsteuern jetzt!" setzt sich
der NABU bundesweit für eine nachhaltige und zukunftsfähige
Agrarpolitik ein: www.nabu.de/aktionenundprojekte/agrarkampagne/
NABU-Stellungnahme zur Novellierung des Bundesjagdgesetzes:
www.nabu.de/jagd NABU-Aktivitäten zum Meeresschutz:
www.nabu.de/meeresschutz
Im Internet zu finden unter www.NABU.de
Mit dem "Dinosaurier des Jahres", einer aus Zinn gegossenen und
2,6 Kilogramm schweren Nachbildung einer Riesenechse, zeichnet der
NABU seit 1993 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus, die sich
sowohl durch herausragende Einzelleistungen als auch durch die Summe
ihres Gesamtwerkes in Sachen Umweltschutz negativ hervorgetan haben.
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