Montag, 30. April 2012

Phoenix bleibt erstklassig: Die Reinkarnation des Hagen-Gens


Was für ein Abend, was für ein Spiel! Phoenix Hagen bleibt erstklassig! Vor
3.145 Zuschauern in der ausverkauften ENERVIE Arena besiegten die
Feuervögel den direkten Konkurrenten LTi GIESSEN 46ers mit 85:72 (45:33)
und beendeten die Saison damit mit elf Siegen und Platz 15. Gießen steigt
hingegen neben Göttingen in die 2. Bundesliga ProA ab.

Wenn Alt-Fußball-Nationaltrainer Sepp Herberger früher vor einem Spiel
Richtung Himmel lugte, dann befand er manchmal: „Heute ist
Fritz-Walter-Wetter!“ Hagens Coach Ingo Freyer tat’s ihm gleich. Er
beschwor das Hagen-Gen, erinnerte an besondere Leistungen in extremen
Situationen. So wie einst beim Aufstiegsspiel im April 2009 in Bayreuth
oder bei der entscheidenden Partie im März 2010 in Düsseldorf, als es um
den Klassenerhalt ging. Es war mal wieder soweit: Gegen Gießen half Phoenix
Hagen am letzten Spieltag nur ein Sieg, um in der Beko BBL zu verbleiben.

Alle, aber wirklich alle, schienen verstanden zu haben. Die ENERVIE Arena
mutierte zu einem großen, gelben Ganzen, das selbst bei den 
Schlachterprobtesten einen bleibenden Eindruck hinterließ. Schon 15 Minuten
vor Spielbeginn stand die Halle. Und daran änderte sich eigentlich auch
über die gesamte Spielzeit nicht.  Gäste-Trainer Björn Harmsen sprach
anschließend von einer Stimmung, „die es sonst nur im entscheidenden Spiel
um die Deutsche Meisterschaft gibt.“ Kurz gesagt: Es war verdammt laut in
der ENERVIE Arena! 

Die Phoenix-Cracks waren in dieser Atmosphäre bis zum Anschlag motiviert.
Vom ersten Sprungball, den Bernd Kruel eher erkämpfte als gewann,
beackerten die Hagener jeden Quadratzentimeter des Parketts derart, dass
über den Sommer wohl nur ein Holz-Spezialist helfen kann. Zygimantas
Jonusas, dessen Hingabe mit Händen greifbar war, eröffnete die Partie mit
drei Dreiern zum 9:0. Davin White erhöhte sogar auf 12:0 (4.). „Das alles
war wirklich beeindruckend. Wir haben von Beginn an gezeigt: Das ist unsere
Halle, das sind unsere Körbe und unsere Fans“, gab der
Phoenix-Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Haensel nach der Partie zu
Protokoll.

Die Hagener ließen den Gießenern keine leichten Würfe, schickten sie
stattdessen lieber an der Freiwurflinie. Die Gäste dominierten allerdings 
den Rebound (Archibong) und holten sich so immer wieder zweite Chancen.
Doch die Feuervögel warfen extrem hochprozentig. T.J. Carter traf per
Korbleger zum 39:26 (15.). Unter den Körben lieferten sich die Center-Dinos
Bernd Kruel und Elvir Ovcina eine schon fast epische Schlacht. Der
vielseitige Ovcina beschäftige die Hagener Verteidigung gewaltig, doch
Kruel verbiss sich geradezu in das Duell. Als Ovcina Gießen bis auf 39:33
heranbrachte, antwortete Kruel mit vier Punkten um 43:33 (19.).

Hagen baute den Vorsprung durch Davin White bis auf 57:41 aus (25.). Gießen
verlor zudem Radenko Pilcevic wegen einer Verletzung. Doch die Gäste gaben
nicht auf, stemmten sich bemerkenswert gegen den Abstieg und gegen die
„Gelbe Wand“ in der ENERVIE Arena. Koko Archibong brachte das hessische
Liga-Urgestein wieder bis auf 67:59 heran (34.). Jetzt unterstrich Davin
White abermals seine Ambitionen, als „Retter“ in die Phoenix-Annalen
einzugehen. Der US-Guard beendete die Partie – fast schon ein wenig
unverschämt – mit drei Dreiern zum 85:72 und freute sich diebisch unter dem
ohrenbetäubenden Jubel der Hagener Fans. Phoenix bleibt erstklassig!

Die Sektkorken knallten – und die Verantwortlichen waren entspannt wie
lange nicht mehr. Trainer Ingo Freyer wirkte fast schon ein wenig
euphorisch auf der Pressekonferenz: „An diesem Abend werden wir noch lange
denken!“ Thomas Haensel beschrieb noch einmal das Hagen-Gen: „Die Stadt hat
es verdient. Diese Fans, dieses Herz, diese Identifikation, diese
Intensität – einfach unglaublich! Hagen lebt Basketball – und das konnte
man diesmal sogar deutschlandweit im Fernsehen sehen!“ Auch Geschäftsführer
Oliver Herkelmann zeigte sich extrem erleichtert: „Die drei Siege am Ende
waren so eine Art ‚Big Bang‘ nach einer schwierigen Saison. Knackpunkt war
das Trier-Spiel. Danach hat fast alles geklappt, mit Ausnahme des
Ludwigsburg-Spiels. Und man muss wohl sagen: Wäre Davin White die ganze
Saison beim uns gewesen, dann wäre wir nicht in Abstiegsnot geraten.“

Trainerstimmen:

Ingo Freyer:  "Was für ein Spiel, was für eine Atmosphäre. Daran werden wir
noch lange denken. Danke an die Fans und an alle, die dabei waren. Die
Stimmung hat uns getragen. Wir waren aggressiv, und das über 40 Minuten. Am
Ende haben wir verdient gewonnen. Es war vielleicht ein Vorteil für uns,
dass wir solche Situationen aus der Vergangenheit kennen. Herzlichen
Glückwunsch an meine Mannschaft! Die Spieler haben alles gegeben, hatten
Krämpfe - und haben trotzdem nie nachgelassen."

Björn Harmsen: "Glückwunsch an die Hagener. Sie haben verdient gewonnen,
weil sie mit unglaublicher Intensität auf das Feld gegangen sind. Die
Atmosphäre in der Halle war einmalig, wie bei einem Spiel 7 um die
Meisterschaft. Es war ein Basketballfest! Das alles war aufgrund des
Spielplans natürlich besonders dramatisch. Leider ist für die schlimmste
Situation eingetreten, der Abstieg. Ich danke trotzdem meiner Mannschaft
und den Fans für den riesigen Einsatz."

Phoenix Hagen: Jonusas (23/6), White (20/4, 6 Ass.), Kruel (20), Blackwood
(11/3), Seward (4), Carter (4), Hasquet (3), Spohr, Constantine.

LTi GIESSEN 46ers: Bernard (19/4), Ovcina (14), Stewart (11/1), Archibong
(10/1), Prewitt (7/1), Pilcevic (5/1), Zazai (4), Oehle (2).

Stationen: 16:9 (5.), 30:20 (10.), 39:28 (15.), 45;33 (20.), 57:41 (25.),
62:49 (30.), 74:62 (35.), 85:72 (40.).

Zuschauer: 3.145 (ausverkauft)

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