Mittwoch, 13. Februar 2013

Fastenzeit 2.0 – ein Wortwitz (Kommentar)


(Hans Leicher.) „Am Aschermittwoch ist alles vorbei...“, „Sieben Wochen ohne...“, und Ostern geht es wieder los. Viele haben sich in dieser Zeit Gedanken gemacht, wie sie das anstellen - so ohne Fleisch, Alkohol, Süßigkeiten oder was auch immer sie sich so selbst auferlegt haben. Immerhin: die guten Vorsätze sind relativ, das kennt jeder von den Neujahrsgrundsätzen. Haben Sie sich an Silvester vorgenommen, nicht mehr zu rauchen? Und was ist übrig geblieben? Ah, Sie haben es bis dato geschafft! Herzlichen Glückwunsch! Halten Sie durch!
Dennoch: aufgrund der jüngsten Berichte, die nur „jüngst“ sind, weil sie das heuer ans Tageslicht gebracht haben, was schon auf mindestens monatealten Fakten beruht, löst derzeit das Wort „Fastenzeit“ bei manchem etwas aus, was sich nicht unbedingt gut anfühlt.

Da machen sich Menschen in unserem konsumtechnischen Überfluss Gedanken, wie sie von einigem des Überflusses für einige Wochen wegkommen, wie sie einem selbst auferlegten Grundsatz standhalten können und andere Menschen wissen nicht einmal wie sie aufgrund ihrer Armut bis zum nächsten Monatsersten ihren Hunger und den Hunger ihrer Angehörigen stillen können. Nein, wir reden nicht von Afrika oder anderen von der Hunger-Katastrophe betroffenen Ländern. Wir reden über uns, hier in Deutschland, in Nordrhein-Westfalen, wir reden von Hagen und der Region und vielleicht über die direkte Nachbarschaft. Zugegeben, so hungerleidend wie in Katastrophenländern sind wir hier nicht aber dennoch drückt hier der Hungerbauch mehr Menschen als viele es vermuten. „Sollen sie arbeiten gehen und Geld verdienen“, wird mancher sagen und dieser Satz wird in dieser Zeit viele dieser Menschen die auf „Stütze“ angewiesen sind fast vergleichbar so treffen, als würde man einem Menschen mit angeborener schwerer Behinderung den Satz verpassen: „Jeder Mensch ist seines Glückes Schmied.“


Die Zeiten haben sich geändert und die Zeit spaltet immer mehr die Menschen zwischen Sonnen- und Schattenseite des Lebens. Wer wegsieht verpasst die Realität. Immer mehr Menschen sind in diesem Land und auch in dieser Stadt auf soziale Hilfen angewiesen. Betrachtet man die Analysen für die Zukunft, dann werden sich viele Menschen denen man es nicht wünschen mag in einigen Jahren auf der Schattenseite wiederfinden.

Soziale Hilfen sind auch Hilfen, die aus caritativen Einrichtungen kommen. Die „Tafeln“, die Suppenküchen, die sozialen Kaufhäuser... sie sind für viele Menschen oft die letzte Rettung über den Monat hinweg. Aber das System kann nur funktionieren, wenn etwa aus dem Überfluss abgegeben wird. Und machen wir uns nichts vor: Es gibt ihn, den Konsum-Überfluss. Und es gibt sie, die Waren die weggeworfen werden. Es gibt sie, die Früchte, die mit Baumaschinen plattgewalzt werden, damit die Preise hochgehalten werden können. „Wer morgen mein fast abgelaufenes Zeug bei der Tafel auf Berechtigungsschein holt, der kauft mein Zeug doch heute nicht bei mir für bares Geld“, mag sich so mancher Kaufmann denken. Hierüber sollten viele nachdenken. Denn dieses Denk-Prinzip kann sich in viele Richtungen drehen; zum Negativen wie zum Positiven. 

Vielleicht finden ja auch PR- und Marketing-Experten in dieser sogenannten konjunkturschwachen Zeit ein neues Betätigungsfeld? Beispiel: Den traurig aussehenden Salatkopf nicht einfach in den Supermarkt-Schredder werfen, sondern mit einem (umweltfreundlichen) Hinweis versehen wie: "Dieser nicht mehr so ganz glücklich aussehende aber immerhin noch vitaminreiche Salatkopf wird Ihnen präsentiert von Murks & Co., Ihrem freundlichen Supermarkt um die Ecke." Mit dem Hintergrund: Wenn der heute zahlungsunfähige Kunde das liest, wird er aus Dankbarkeit bei uns kaufen wenn er wieder bei Kasse ist.

Und wenn an diesem Mittwoch Mitglieder des Hagener Sozialausschusses nachgefragt haben, wessen Aufgabe es eigentlich ist, die existenziellen Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen, dann ist diese Frage sicherlich wichtig und grundlegend. Sie stellen zu müssen ist für dieses Land aber annähernd peinlich.

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